Interview mit Myk Jung

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Mit "The Fair Sex" hat uns Myk Jung als Musiker bereichert, mit "Schementhemen" uns seinen Humor nahegebracht. Nun ist sein neuestes Buch "Der Hobbknick" auf dem Markt und die Tolkienfans unter uns Jubeln. Endlich eine LESBARE Fassung dieses epischen Blumenabenteuers^^. Mal sehen/lesen, ob unser Interview auch so "blumig" geworden ist...

GFN: Hallo Myk!
Oder muss ich das jetzt ein wenig prosaischer, blumiger, mit viel mehr Worten und Umschreibungen tippern?^^

Myk: Hallo Stefan! Nein, eine blumigere Anrede ist nicht vonnöten. Du spielst hier womöglich auf den Stil des Hobbknick an, wo in manchen Passagen wacker mit sogenannten Bandwurmsätzen hantiert wird, hm?! Man findet solche Sätze zuweilen eben auch in Tolkiens Schriften. Ich hab dieses Element aufgegriffen… und hier und da ganz leicht überspitzt…

P1230212GFN: Du bist zwar bekannt wie ein "bunter Hund" in der Szene, aber dennoch erlaube ich mir dir ungeniert die Frage zu stellen, seit wann wir dich denn als Autor unter uns haben? Wie kam es dazu?

Myk: Ah, bunter Hund also. Wusst’ ich ja noch gar nicht. lächeln Klingt aber nicht übel. Zu Deiner Frage: Schon als kleiner Junge wollte ich Bücher schreiben – Jahre bevor ich mit dem Musikmachen anfing. Mit acht Jahren schrieb ich die kurze Erzählung „Die Eisenkugel im Eimer“, die ich dann, mit Hilfe meiner Ma, mittels Kordeln zwischen zwei Kartondeckeln festfriemelte, damit das Ganze wie ein Buch aussieht. Allerdings wird hierdurch deutlich, dass ich offenbar ein ziemlich fauler Autor bin: die Veröffentlichungsliste seitdem ist ja noch nicht allzu lang… Jedenfalls hab ich durch all die Jahre immer wieder Geschichten geschrieben, Ideen festgehalten.

GFN: Neben den Kolumnen hast du ja auch die Lesereihe Schementhemen gegründet mit deinem Kollegen Klaus Märkert. Was liegt dir mehr, Kurzgeschichten, Statements oder lange Bücher schreiben?

Myk: Meine ursprüngliche Intention war immer: lange Bücher zu schreiben. Ich habe wiederholt ‚große’ Story-Lines vorkonzipiert, die dann in – bestenfalls dicken – Romanen, harr, münden sollten. lächeln Erst 1995/96 ist es mir gelungen, einen solchen mal bis zum letzten Satz zu Ende zu schreiben. Das Werk ist aber bislang nicht veröffentlicht – und ich hab die schlimme Befürchtung: womöglich zu Recht. Hab mich schon seit Jahren nicht mehr getraut, in das Manuskript reinzuschauen. Die Genres Kolumnen und Kurzgeschichten habe ich dann erst später entdeckt: die Kolumnen durch die Arbeit beim Gothic, die Kurzgeschichten vor allem durch die Schementhemen-Bühne mit Klaus Märkert, als es ja genau um solches ging: skurrile Gedankengänge in ca. zehnminütige Lesetexte unterzubringen.

P1230215GFN: Durch deine "Bande der Drei" (Schementhemenveranstaltung in Velbert, 2012), war ich ja schon angefixt auf dein neuestes Werk "Der Hobbknick". Ist es schwer, sich sooo dicht am Original zu halten?^^ Wie weit kann man denn da selber kreativ werden? Spaß beiseite... wie kommt man darauf Tolkien zu parodieren?

Myk: Da ich großer Tolkien-Fan bin und fast alle meine Geschichten von irgendwie leichtfüßigem Humor durchzogen sind, lag es ja womöglich nahe, dass der Schnittpunkt – eine Tolkien-Parodie also – mal irgendwann erreicht werden würde. Allerdings hatte ich nie vor, das Originalwerk lediglich zum Ausgangspunkt zu nehmen, um dann eine Verballhornung zu schreiben, die auf schnellen Witz ausgelegt ist, der wenig mit dem Original zu tun hat. So mag man sagen: Der Herr der Ohrringe und der Hobbknick sind vor allem Nacherzählungen, deren einzelne Episoden sich an die Vorlagen anschmiegen und sie dann ins Überzeichnete ziehen.

GFN: Du hast es ja getreu Peter Jackson gemacht. ZUERST den "Herr der Ohrringe" umsetzen und dann den.... schwierigeren Band "DER Hobbknick". Liegt da System hinter, oder wie kam es dazu?

Myk: Vielleicht verbirgt sich dieses simple System dahinter: sich trittbrettfahrergleich an die Kino-Filme anzuhängen. lächeln Im Ernst: als ich im Herbst 1999 den Großteil vom Herrn der Ohrringe I schrieb, hatte ich keine Ahnung, dass es eine Verfilmung geben würde. Obendrein hatte ich das Schreiben dieser Parodie auch gar nicht geplant; ich ließ einfach meine Finger tippen. Und da ich den Herrn der Ringe deutlich öfter als den Hobbit gelesen habe, tippten die Finger, wie von allein, eben nicht den Hobbknick, sondern, ziemlich naheliegend also: den Herrn der Ohrringe. Interessant, dass Du den Hobbknick als den ‚schwierigeren’ Band ansiehst – oder war es gar ironisch gemeint? Niemand weiß es!

GFN: Und wie um alles in der Welt denkt man sich derartige Namen aus? "Killhim" oder "Goin´(Home)" als Zwergennamen sind ja (fast) noch normal. Aber so Zungenbrecher wie "Lendhenzwerge" oder "Phryphainaphaph" - das ist ja schon vorsätzlicher Angriff auf die Gehirnwindungen. (Ganz zu schweigen auf etwaige Gesprächsrunden.)

Myk: Das Gute an diesen zwei Parodien ist, dass ich mir nicht allzu viel selber ausdenken musste. Meine zwei Tipp-Finger haben zumeist alles im Alleingang erledigt – und mich dadurch manchmal, am Satzende, zum Schmunzeln gebracht. Diese Vorgehensweise umschließt auch die Erfindung der Namen. Doch vielleicht hätte ich da intensiver eingreifen müssen. Manche der Parodie-Namen finde ich einigermaßen pfiffig, andere ein bisschen lau. Doch im Herbst 1999, als die Grundlagen für die Geschichten gelegt wurden, an die ich mich später dann ja halten musste, ging ich mit der ganzen Thematik noch recht sorglos um. Na – und solche Pflanzennamen wir phryphainaphaph – was soll ich sagen? Es sind eben Übersetzungen der alten Namen, wie sie auf uns kamen aus dem Drittletzten Zeitalter der Mittelmäßigen Welt. lächeln

P1230214GFN: Du selber outest dich als Tolkien Leser, gar Fan. Wie werden deine Werke denn in Tolkienkreisen so gewertet? Wird das eher als Hommage oder böses Werk gesehen?

Myk: Es wird vor allem als Hommage gewertet. Als ich das erste Buch HDO schrieb, wusste ich auch noch nicht, dass die Tolkien-Gemeinde ganz offenbar große Freude an Parodien hat. Ich selber hatte mir meine Persiflage ja noch nicht ganz verziehen, aber sonst scheint es nicht allzu viele Leute zu geben, die mir das übel nahmen… oder sie haben sich nicht zu Wort gemeldet.

GFN: Dann habe ich gesehen, dass es den Herrn der Ohrringe auch als Hörbuch gibt. Ich liebe ja Hörbücher! Und die Besetzung ist ja top. War es schwierig, die Leute zusammenzubekommen? Wird es auch eine Vertonung zu "Der Hobbknick" geben?

Myk: Ich habe damals, 2003, zur Aufnahme des Hörbuchs, gute Freunde aus der Musikszene eingeladen, ein paar Sätze beizusteuern: Darrin Huss von Psyche, Carsten Klatte, Bruno und Stefan von Das Ich, Sir Raze von Zelle 40, Michael Zöller und Peewee vom Sonic Seducer. Wie gesagt: ich kenne jeden einzelnen schon so lange, dass es keine Schwierigkeit war, sie mal um diese Hilfe zu bitten. Eine Vertonung des Hobbknick ist anvisiert; mal sehn, wann sie angegangen wird.

GFN: Oder wie wäre es mit einer Szeneverfilmung? Wer stünde den da zur Debatte?^^
Und dann Uraufführung auf dem WGT...

Myk: Har, eine nette Vision! Hierzu kann ich aber im Augenblick nur sagen: Schaun wir mal. So ähnlich wie Beckenbauer es immer formuliert. Vielleicht sollte ich ihn auch mal fragen, ob er mitwirken möchte?

GFN: Aber mal zurück zur Literatur... Mich haben ja die ganzen Lieder und Gedichte im Hobbit arg gestört. Du hast das ja zum Glück recht gut zusammengefasst zwinkern War das auch ein Grund das Ganze mal etwas "handfester" zu schreiben? Ohne dieses blumige Drumherum?

Myk: Es gibt ein seltsames Phänomen: Immer wieder lese ich begeistert die Tolkien-Bücher, auch extra langsam, um das Ende nicht zu schnell zu erreichen – aber immer wieder geschieht es, dass ich die Lieder gern überspringe. Diese eigentlich unerklärbare Abneigung, mich mit den Songs aufzuhalten, musste einfach irgendeine Widerspiegelung in den Parodien erhalten. So wird also dauernd, in nur leichten Abwandlungen gesagt: ‚Die Gefährten sangen Lieder – aber sorry, deren Lyrics wurden nicht überliefert. Schade.’

GFN: Dann hat der Hobbknick auch etwas von Star Trek, muss ich sagen. So Zeitparadoxe sind ja eher Picard und Janeway Dinge.  Deine Akteure aus dem Herrn der Ohrringe finden den Hobbknick und lesen dann ihre Geschichte aus der vergangenen Zukunft. Oder wie muss man das eigentlich sehen, ohne einen Knoten im Kopf zu bekommen? Wenn man selber etwas liest, was man noch nicht "wissentlich" getan hat, sind das entweder vorauseilende, erfundene Geschichten oder selbsterfüllende Prophezeiungen...

Myk: Ganz so kompliziert ist es nicht. Die Ohrringgefährten Frohdoof, Samenweis, Macho, Pipifax, Marathorn, Legospass, Ganzhalb und Pymli finden im Jahre 3019 des Drittletzten Zeitalters das Büchlein Der Hobbknick, das die Geschehnisse achtzig Jahre zuvor erzählt: Wie Bilbord Beutelkinn mit den dreizehn Lendhenzwergen loszog zum Berg Erigor, um den Feuerschmetterling zu besiegen – und auf dieser Fahrt den Einen Ohrring fand. Allein Ganzhalb hat damals diese Fahrt miterlebt, und so wissen die anderen Ohrringgefährten bislang keine Details über jene Fahrt. Ganzhalb selber allerdings wirkt in der Tat wie ein verwirrter, komischer Kauz: Er spricht im Laufe der Geschichte, wenn die Erzählung zu den Lesenden zurückkehrt, andauernd von dem ‚Zauberer’, statt von sich selber. Er baut eine Distanz auf, als könnte er sich an die früheren Ereignisse nicht so recht erinnern. Ist es eine Art Schutzmechanismus, weil er in dem Buch nicht sonderlich gut wegkommt? Ich glaube: ja.

P1230208GFN: Wie sieht das auf deinen Leseveranstaltungen aus. Kommen da eher Fantasyfans, Gothics oder Tolkienfans? Wird dann auch diskutiert über deine "Interpretation" oder wie ist so der Tenor bei den Veranstaltungen?

Myk: Das Publikum ist total durchmischt: alt, jung, und auch dazwischen – und Vertreter all der von Dir erwähnten Gruppierungen sind anwesend. Die Diskussionen nach der Lesung sollte ich im Laufe dieses Jahres noch profimäßiger ankurbeln: sie verlaufen heuer noch recht zäh.

GFN: So nun mal etwas ganz anderes. GFN ist, wie du ja bestimmt weisst, sehr familienbezogen^^. Hat der gute Myk Jung denn auch kleine Menschen in der näheren Umgebung? Was denken die über deine Bücher?

Myk: Ich habe eine Tochter: Allegra, gerade achtzehn Jahre alt geworden. Sie taucht seit Jahren immer wieder in meinen Werken auf: mit Sprachsamples auf der Testify-CD „Triviality Beyond Acceptance“ (2000), als siebenjährige Sängerin auf der Fair Sex-CD „TFS“, als Zehnjährige auf dem Balladen-Album „Zenith Is Decline“ (2005), wo sie zwei selbst komponierte Songs singt. Auch auf dem Herr der Ohrringe-Hörbuch ist sie zu hören: als die Blumen im Wiesengrund. Im Hobbknick wird sie ebenfalls genannt; sie ist ganz offensichtlich die Namensgeberin für die Blumenart allegrynya. Tja, was soll ich sagen? – Ich glaube, sie freut sich jedes Mal. In Zukunft möchte ich das Musikmachen mit ihr wieder verstärkt aufgreifen; da haben wir eine längere Zeit Kaffeepause gemacht – Schule ging vor. (Harr, klingt ja echt konservativ.)

GFN: Frohdoof, Bilbord und auch der Rest der Gefährten sind ja eher sorglose... Menschen/Personen. Essen, trinken, Spass und Abenteuer...
Bist du eher ein fröhlicher, positiver Mensch?
Was wäre dir wichtig an die kommende Generation von Entscheidungsträgern in unserer Gesellschaft mitzugeben?

Myk: Gerechtigkeit, Mitgefühl, Altruismus. Und bitte: echter Kampfgeist für diese Sektoren! Ich glaube, wichtigere Elemente des Zusammenlebens wird es wohl kaum geben.

GFN: Vielen Dank für das Interview.

Myk: Vielen Dank, Stefan!
Greetynx
Myk